Wohin geht’s? Positionen und Beiträge
zum Arbeitsfeld Kultur & Management

20 Jahre Kulturmanagement

Das Know-how von Kulturmanagerinnen und Kulturmanagern ist an Institutionen schweizweit angekommen. Der Erfolg ihres Wirkens in der Förderung und Vermittlung gibt jenen Pionieren recht, die vor über 20 Jahren auf Aus- und Weiterbildungen in diesem Feld gepocht hatten. Doch Zeit, um sich auszuruhen, gibt es nicht: Etablierte Institutionen der Kultur bleiben auf innovative Modelle der Organisation und Verwaltung angewiesen. Ein Blick zurück und nach vorn.

 

«Boom der Kulturmanager»

Dass gewisse Konstellationen einfach so «in der Luft liegen» können, das bewahrheitete sich auf eklatante Weise um die Jahrhundertwende beim Thema Kulturmanagement: Fast gleichzeitig poppten an verschiedenen Hochschulen unseres Landes Weiterbildungsangebote in Kulturmanagement auf, nämlich in Basel, Lausanne, Winterthur, Brig und Luzern, später auch in Zürich.

Ende August 1999 war an der Tagung «Zahlen, bitte!», welche das Bundesamt für Kultur und Migros Kulturprozent organsiert hatten, die Forderung nach Ausbildungsmöglichkeiten in Kulturmanagement erhoben worden. Bereits im September kündigte die Universität Basel die Lancierung eines Masterprogramms Kulturmanagement als Nachdiplomstudium für Herbst 2000 an, das spätere Studienangebot Kulturmanagement SKM. Die Initiative und Anschubfinanzierung gingen auf die Sophie und Karl Binding Stiftung zurück. Mitinitiant war das Stapferhaus Lenzburg unter der damaligen Leitung von Hans-Ulrich Glarner. Er hatte zuvor ein niederschwelliges Kursangebot in Kulturmanagement etabliert und damit hierzulande Pionierarbeit geleistet. Rolf Keller, vormaliger Vizedirektor von Pro Helvetia, liess dann in Basel das Schiff vom Stapel.

Die Schweizer Kulturmanagement-Bildungsangebote von Universitäten, Fachhochschulen und privaten Anbietern multiplizierten sich in Kürze auf zehn. Dies animierte die Zürcher Hochschule für Gestaltung und Kunst, im Juni 2000 eine Tagung durchzuführen mit dem signifikanten Titel: «Boom der Kulturmanager».

Der Boom, der sich anfänglich in langen Wartelisten bei den Weiterbildungsangeboten niederschlug, ist mittlerweile abgeflacht. Längst hat sich das Weiterbildungsfach Kulturmanagement in der Schweiz etabliert. Bestimmt haben etwa rund 3000 Studierende in den letzten 20 Jahren eine dieser Weiterbildungen abgeschlossen. Ein Zertifikat in Kulturmanagement hat viele Absolventinnen und Absolventen in einer glänzenden Arbeitslaufbahn unterstützt. Der Newsletter des SKM Basel würdigt die Karriereschritte seiner Alumnae (Frauen überwiegen in den Weiterbildungen in Kulturmanagement) in einer «Wall of fame».

Die Bildungsangebote in Kulturmanagement verharrten in den vergangenen Jahren nicht etwa in Erstarrung, sondern erfuhren sporadische Aktualisierungen. Das Curriculum des SKM der Universität Basel wurde 2007 bis 2009 in Teilen überarbeitet. Nach einer weiteren, grundlegenderen Anpassung mit Einbezug des Themas der Digitalisierung startete 2016 in Basel der erste modularisierte MAS.

Eine andere wichtige Entwicklung an einigen Universitäten bildet die Ausweitung der Lehrgänge mit spartenbezogenen Kulturmanagement-Inhalten aufs Grundstudium. Ich erwähne – in der Sparte Museum / Kulturerbe – den «Master of Arts en études muséales» an der Universität Neuenburg, das «Masterstudium in Curatorial Studies» an der Zürcher Hochschule der Künste und das Master-Studienprogramm «Kunstgeschichte mit Denkmalpflege und Monumentenmanagement» an der Universität Bern.

 

Kulturmanagement im Argwohn

Systematisch vermitteltes Wissen um die Bedingungen der Förderung, der Produktion und der Vermittlung von Kultur im weitesten Sinne ist also längst in unserer Arbeitswelt angekommen. Was alles aber hatten sich die Pioniere der entsprechenden Ausbildungen in der Schweiz anhören müssen! Wie oft mussten sie sich gegen Vorwürfe verteidigen! Den Untergang der Kultur des Abendlandes befürchtete man zwar nicht wirklich. Aber immerhin einen Verrat der Kulturideale an den schnöden Mammon. An der genannten Tagung in Zürich ereiferte sich Iso Camartin – der begnadete Rhetoriker, der als Kultur-Fernseh-Manager dann bald scheitern sollte. Er schalt die anwesenden Akteure in Kulturmanagement-Weiterbildung als «Bildungsphilister», «Curriculum-Unternehmer» und «Zertifikatsneurotiker».

Auch nach 20 Jahren Ausbildung in Kulturmanagement blühen die meisten Kulturinstitutionen unseres Landes immer noch und boomt die Kultur mehr denn je. Unter den Absolventen dieser Weiterbildungen haben sich interessante Netzwerke gebildet. Zahlreiche Projekt-, Diplom- und Masterarbeiten haben Wissen und Handlungsräume erschlossen auch in unerwarteten Feldern. Aus den Weiterbildungen sind Resultate von nachhaltender Wirkung hervorgegangen. Besonders eindrücklich finde ich das geradezu spektakulär erfolgreiche Schweizerische Literaturinstitut in Biel, dessen Initiative auf die Diplomarbeit des Autors Guy Krneta zurückgeht von der ZHAW Winterthur. Den Vindonissapark in Brugg-Windisch mit der gleichnamigen Stiftung hatten Kurt Bänteli, Sabina Kumschick, Thomas Pauli-Gabi und Esther Schneider in ihrer Diplomarbeit am SKM in Basel entworfen.

 

Und «know how» heisst eben noch nicht «savoir faire»

Auch eine Kulturlandschaft, in der systematisches Kulturmanagement-Wissen allgegenwärtig scheint, ist von Problemen nicht gefeit. Es wäre ein interessantes Unterfangen, die manifesten Probleme «in der Kultur» (z. B. in den Kulturinstitutionen) auf allfällige Defizite zu untersuchen: Liegt es an falscher Vermittlung oder doch an mangelnder Verbreitung erprobter Kulturmanagement-Methoden, dass sich Kulturinstitutionen immer noch so häufig mit hausgemachten Problemen herumschlagen?

Ich bin mir durchaus bewusst, dass «zu wissen wie» (to know how eben) noch keine Garantie für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Wissens bedeutet (savoir faire also). Und es ist mir auch klar, dass gewisse «soft skills» in Management-Ausbildungen manchmal schwer zu vermitteln sind – etwa die effektive Mitarbeiterführung oder eine wertschätzende interne Kommunikation. Schliesslich sind Kulturinstitutionen noch erstaunlich oft entlang von steilen (und somit für Konflikte anfälligen) Hierarchien organisiert sind.

 

Management-Kompetenz anders positionieren

Viele Probleme entstehen dort, wo qualifizierte und engagierte Kulturmanager nur über eingeschränkte Handlungsräume verfügen. Wer sich in die jüngsten pressenotorischen Problemfälle im Schweizer Museumsbereich vertieft, muss zum Schluss kommen, dass diese an den Schnittstellen zu übergeordneten Verwaltungen und durch damit verbundene Führungs- und Kompetenzprobleme zutage treten. Beim Kunstmuseum Basel und beim Bündner Kunstmuseum waren Folgekosten von Erweiterungsbauten nicht verantwortungsvoll eingerechnet worden; und beim Historischen Museum Basel haben Raum- und Depotprobleme vielfältige Negativkonsequenzen.

In gewissen Fällen drängt sich eine Stärkung der Kompetenzbereiche von Kulturinstitutionen auf (wobei dann Kenntnisse in Kulturmanagement beziehungsweise in Verwaltungslehre beidseits der Schnittstellen vorausgesetzt werden müssten). Wir haben – wiederum im Museumsbereich – sogar einige bemerkenswerte Beispiele für die Stärkung von Kulturinstitutionen dank höherer Eigenverantwortung: Das Schweizerische Nationalmuseum, das Kunst Museum Winterthur und das Kunstmuseum Bern / Zentrum Paul Klee beweisen, dass Museen, die zuvor immer wieder mit Problemen zu kämpfen hatten, in verselbständigten Organisationsformen aufblühen können. Nicht umsonst werden in Basel nun auch parteienübergreifend Rufe laut, die fünf staatlichen Museen (zwei davon haben wir oben genannt) in eine öffentlich-rechtliche Museumsstiftung auszulagern. Eine der Folgen wären mehr Kompetenzen für verantwortungsvoll positionierte Kulturmanagerinnen und Kulturmanager.